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Ein eigenes Konto

Eine weitere (aber so was von) wahre Geschichte aus Ecuador:

Wer Musik unterrichten will braucht u.a. einen Computer, einen Drucker und Internet. Um Internet zu bekommen braucht man in Ecuador ein Konto. Ich werde wohl am laengsten bleiben, also sollte/ wollte ich ein Konto eroeffnen.

Die Geschichte beginnt am Dienstag mit Annika, Enrique und mir:

Wir gehen in die erste Bank, Enrique spricht natuerlich am besten Spanisch, also geht er vor und fragt, hinter ihm sind Annika und ich. Aha, ohne ecuadorianischen Pass bekomme ich keine Konto, mein Plastikdings zaehlt da irgendwie nicht richtig. Also gehts weiter zur naechsten Bank, da aber das Gleiche und so auch bei der dritten. Schluss fuer Heute.

Mittwoch:

Annika hat eine gute Idee: Sie ist deutsch, blond und nicht zuletzt weiblich, ich bin deutsch, blond, groesser als die Ecuadorianer und habe einen Vollbart. All das koennte doch beeindrucken! Also gehen wir diesmal ohne Enrique. Wir ziehen eine Nummer und setzen uns naiv vorne in die erste Reihe.

Und? – Es scheint zu funktionieren: Wir werden sofort durchgewunken. Vor uns sitzt ein juenger Bankangestellter, ich habe seinen Namen leider vergessen, also nennen wir ihn … Hans, wobei, er ist Ecuadorianer, also … Raoul. Raoul guckt Annika und mich an; er sieht kein Problem, warum ich kein Konto eroeffnen sollte. Alles was ich dazu brauche ist:

1. Meinen Plastikausweis und eine Kopie

2. Meinen Reisepass und eine Farbkopie

3. Eine Rechnung von meiner Gastfamilie

4. Ein Empfehlungsschreiben von einem Klienten der Bank und

5. Mindestens 300 $ in Bar.

Donnerstag:

Ich habe ALLES.

Raoul winkt uns wieder gleich durch. Heute traegt er ein orangenes Hemd: fruchtig, aber O.k.. Ich zeige ihm die Sachen und er nickt und gibt meine Daten in seinen Computer ein. Nun soll ich irgendwas unterschreiben, Raoul haelt mir den Zettel hin und daneben meinen aufgeschlagenen Reisepass. Danke, ich weiss wie ich heisse! Ich unterschreibe gewohnt fluechtig, aber Raoul sagt nein. Hm, anscheinend ist Raoul ein kleiner Pedant – das K von Kempen hat einen Haken mehr als auf meinem Reisepass – aber was solls, ich hab´ Humor. Ich darf auf der Rueckseite nochmal unterschreiben und Raoul akzeptiert. Nun gehts mit dem Computer weiter und Raoul sagt auffaellig haeufig das spanische Wort fuer „Sch…!“. Ob er weiss, dass wir ihn verstehen? – Ich glaub´ ich mag Raoul, er ist so menschlich und immerhin versucht er uns zu helfen. Aber irgendwie ist wohl etwas „Sch…!“. Ich gucke auf den Bildschirm und das Programm akzeptiert meine Ausweisnummer nicht. Aha, in Ecuador gibt er nur Zahlen, meine „Nummer“ besteht allerdings aus 8 Buchstaben und nur einer 1 Zahl. Was der Computer nicht kennt, das nimmt er auch nicht! – Da kann keiner was machen, auch nicht Raoul. Er sagt er wuerde mich spaeter anrufen.

Das hat er dann auch. Alles wuerde klappen, wir sollten am naechsten Tag wiederkommen.

Freitag:

Der Computer nimmt meinen Ausweiscode immer noch nicht an, aber die Bank hat mir einen eigenen Zahlencode erstellt. Find ich nett und cool, jetzt habe ich eine ecuadorianische Personen-Banken-Nummer, das hat doch bestimmt ausser mir keiner! – und uebrigens: Raoul traegt ein Hemd mit blauen Streifen.

Nun gehts ans Unterrschreiben: Raoul haelt mir meinen Pass, einen Kulli und einen Zettel entgegen, ich soll wohl ueben. Nachdem ich meinen Namen etwa fuenfmal geschrieben habe, hoere ich zufrieden auf. Aber Raoul ist nicht zufrieden. Also gucke ich mir meinen Reisepass genauer an: Ich hatte ihn neu beantragt, da der alte abgelaufen war. Ich weiss es noch: Am 5.5.2010 habe ich ihn abgehohlt, ich musste warten, war etwas muerrisch, weil ich ca. 65 Euro bezahlen musste und unterschrieb mit einem ungewoehnlich duennen kugelschreiber. Meine Unterschrift:

Das L hat oben vom Kugelschreiberansetzen einen winzigen Haken, dann hat der lange L-Strich einen kleinen Bauch nach rechts und der kleinere Strich schliesst in einem spitzen Winkel an. Etwas Luecke und dann e und a mit einem Schlenker wegen dem Schwung vom e, dann n, Luecke, d, e und r ist eigentlich nur ein Strich. Der senkrechte Strich vom K hat unten ein Haekchen, weil ich da eigentlich immer durchziehe, hier habe ich aber wohl einmal in meinem Leben abgesetzt, dann aber weiter e und das m gekrickelt, ein fuer mich sehr ungewohnliches p – muss an dem duennen Kulli liegen -, dann winzige Luecke und e mit Schlaufe und ein gekrickeltes n.

Ich uebe – ich werde besser. Das eigentlich durchgezogene K mit Absetzen ist schwer, aber ich werde besser. Erste Seitenspalte ist voll, Annika probierts auch mal, ist aber auch nicht besser; sie findet, dass mein a schwer ist, ich: „Fuer mich nicht, ich mach das ja immer so…“. Raoul guckt, ist nicht zufrieden; ich uebe weiter. Dann: Ein kleiner gelber Zettel zum Unterschreiben. Ich bin augeregt, habe nur eine Chance, und … ich versaue es: der Abstand vom K-Strich zu den beiden Schenkeln ist zu gross; ich soll weiter ueben. Ich uebe, hab aber keine Lust, ich finde das absurd. Nun muss ich viel unterschreiben, mal ist´s gut, mal nicht; ich rutsche etwas beim e vom Leander ab, Raoul sagt ich kann gleich aufhoeren, dass zaehlt eh nicht! Raoul zerreisst verschiedene Zettel. Mein a klappt nicht mehr. Ich versuche den Schwung vom e kontrolliert auf¨s a zu uebertragen, keine Chance. Ich versuch´s ohne nachzudenken und schreibe Leander mit zwei n. Ich muss ueben. Jetzt geht ueberhaupt nichts mehr: Ich kann meinen Namen nicht mehr schreiben. Annika lacht, ich auch, aber mehr aus Verzweiflung. Raoul kommt mit neunen Zetteln, hier zweimal, da zweimal, da zweimal und da dreimal. Das macht siebenmal. Es geht los, ich finde das unfair, der Strich zum Unterschreiben ist diesmal etwas 5 cm lang, das kann doch nicht klappen! Tut´s auch nicht… Annika erklaert Raoul, dass das in Deutschand anders ist – hilft natuerlich nichts. Verdammt, ich weiss doch auch nicht, vielleicht hab ich am Abend vor dem 5.5.2010 gefeiert, ich hatte es bestimmt wie immer eilig, vielleicht hat auch ein Kind geschriehen, ich weiss es nicht: ES TUT MIR LEID!!!

– Ich unterschreibe nie so! Das K ziehe ich immer durch, dieses p kenne ich ueberhaupt nicht und das a, das geht halt nur ohne Nachdenken…!

Mein L finde ich jetzt schon ganz gut, auch das Absetzen vor dem d hab ich drin, aber das K bleibt schwer und das p und das n und das m mache ich sonst immer anders. Raoul kommt mit neuen Zetteln und reisst alte durch.

Irgendwann ist es aber geschafft.

Ich bin auch geschafft, deswegen geht Annika netterweise zum Schalter und zahlt das Geld ein.

„Sind sie Leander Kempen?“, Annnika: „Ja!“.

Gut zu wissen, dass das dann kein … interessiert!

glg

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