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Es gibt Tage im Leben

…, die erlebt man nur einmal.

Und von so einem Tag moechte ich nun berichten: Freitag, der 13.8.2010

Dieser Tag ist in Ecuador ein Feiertag (Unabhaengigkeit) und alle Kinder haben Schulfrei. Ich hatte wunderbar ausgeschlafen, aber leider verlief der Vormiitag etwas mau, denn das Internet wollte nicht funktionieren und somit waren Skype und Emails fuer diesen Tag erstmal gelaufen.

Aber dann kam das Mittagessen: Zur Feier des Tages gab es … Schildkroete. Hei ei ei! Aber probiert hab ich natuerlich, schliesslich sagten alle wie lecker und suess das Fleisch waere. Also nahm ich ein paar kleine Happen und kaute vorsichtig darauf rum und: es war echt erstaunlich weich und sehr sehr suess. – Erst etwa 2 Minuten spaeter habe ich bemerkt, dass ich die ganze Zeit vorsichtig auf der suessen Kochbanane rumgekaut habe; hat aber zum Glueck keiner bemerkt. Das richtig Fleisch schmeckt dann aber auch wirklich sehr gut. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass die Ecuadorianer quasi als Energydrink Schildkroetenblut mit Cola trinken. Dabei ist es allerdings sehr wichtig, dass das Blut frisch ist, sonst klappt das ganze nicht.

Nach dem Essen fuhren wir nach Yaguachi. (Ein Name, der es allein schon Wert ist, dass man das Wort „Knaller!“ mindestens einmal froehlich ausruft.) Denn in Yaguachi war ein grosses Volksfest. Wir fuhren mit dem Minilieferwagen der Familie, ich mit acht anderen hinten auf der ueberdachten Ladeflaeche. Hierbei ist es sehr wichtig, dass man bei jedem Bremshuegel und Schlagloch schnell den Kopf einzieht, da man sonst mit dem Kopf schmerzhaft gegen das Dach ballert. Ans Anschnallen ist natuerlich nicht zu denken und einer muss immer die hintere Tuer festhalten, damit diese nicht gegen dicht-auffahrende Autos schlaegt. Und als wir so durch Guayaquil fahren steht an der Hauptstrasse ein kleiner Junge und pinkelt auf die Strasse.

In Yaguachi angekommen besuchten wir zuerst den Friedhof. Auch in Ecuador sind die Toten ueber der Erde „begraben“. Zur „Begruessung“ und zum „Abschied“ klopften wir an das Grab und tauschten frische kuenstliche Blumen gegen die alten aus. Danach ging es in die Kirche: Hier lief die ganze Zeit ziemlich laute, seichte Popmusik – vielleicht auch nur um das Getoese der rotierenden Ventilatoren an den Waenden zu uebertoenen, ich weiss es nicht. Hinten vor dem Altar konnte man bei Kindern Geld fuer die Kirch spenden und bekam sozusagen eine kleine Quittung. Am Ausgang konnte man darueber hinaus gesegnetes Wasser kaufen, in kleinen Flaschen oder auch in 5 Liter Kanistern.

Und dann gibt es endlich auf das Volksfest. Zunaechst zu den Staenden: Besonders schoen fand ich schon die Schiessstaende, die hier folgendermassen funktionieren: auf einer Bretterwand (ca. 2,5 mal 2,5 Meter) sind kleine Suessigkeiten (Kaugummis etc.) aufgehaengt. Man geht dann mit dem Gewehr ein paar Schritte zurueck in die Menge und schiesst auf die Wand. Was man geroffen hat darf man dann behalten. Weiter gab es allerlei Veraufsstaende mit kleinen Gitarren, Rasseln, Schluesselbretter und geflechteten Koerben; insgesamt sehr viel Kitsch. Interessant waren aber auch vielen Figuren von angeblich alten „Heiligeniguren“, die fuer mich wie folgt aussahen: ein dickdes Kind mit Fluegeln, ein Pferd, eine Art „Buddha“ und eine grosse huebsche Frau mit einer „Amphore“. – Sehr indigen kam mir das nicht vor… Mein „Lieblingsstand“ war allerdings ein Mann mit einer Waage. Hier konnte man sich fuer 50 Cent wiegen und sein Gewicht erfahren.

Auch die Suessigkeitenstaende hatten mehrere Highlights zu bieten, etwa die mit Tueten rumwedelnden Frauen, die die ganze Zeit die Insekten verscheuchten. An den Seiten standen Maenner, die die ganze Zeit ueber Schlingen langzogen, neu um einen Ast herumschlungen, kneteten, glatt strichen und wieder neu langzogen usw. Diese langen Seile waren im Grunde pure Zuckermasse mit Farbstoff. Da die Maenner allerdings dabei die ganze Zeit stark schwitzten, fand ich die Sache doch etwas… unhygienisch. Aber was solls, probiert hab ich’s natuerlich doch.

Das fuehrt uns zu dem naechsten Punkt, dem Essen. Sehr Cool fand ich schon zu Beginn die geschaelten Kokosnuesse mit Strohhalm drin: Mehr Karibik-Feeling geht ja wohl nicht. Probiert hab ich dann den Saft aus Zuckerrohr – auch sehr lecker! An jeder Ecke gab es ein bestimmtes „Menue“ aus „kleinem Knoedel“ (natuerlich waren es keine, aber jeder kann sich jetzt wenigstens etwas darunter vorstellen), Spiegelei, Fleisch, Tomate und Salat. Den Namen hab ich leider vergessen. Dieses Menue war allerdings der Grund dafuer, dass einem an jeder Ecke ein gebratener Schweinskopf „entgegenginste“. Und dann kamen sie wirklich, die gegrillten Meerschweinchen: Etwa so, wie in Deutschland die Haehnchen ueber einem Grill rotieren, so sieht man hier die gebratenen Meerschweinschen; allerdings sehen die gegrillt eher aus wie grosse Ratten und kosten etwa 2/ 3 Dollar. Dann weiter abgezaeunte „Biergaerten“, also Baenke und Tische zum Bier- und Cocktailtrinken. Allerdings hatte man das Gefuehl, dass sich die einzelnen „Gaerten“ eher mit ihrer Salsamusik bekaempfen, als eine schoene Atmosphaere kreieren zu wollen.

Die Karussells sind es auch Wert hier kurz erwaehnt zu werden: Ich vermute mal: Die Karussells, die in Deutschland keinen TUEV mehr bekommen, werden nach Suedamerika geschifft. Dazu passte auch, dass man bei dem Kinderkarussell immer den Strom an und aus schalten musste, um es zu starten oder die Fahrt zu beenden.

Dann kam noch die Rueckfahrt: Im Grunde wie die Hinfahrt, nur im Dunkeln, und eine paar neue Entdeckungen. Wir fuhren an einer evangelischen Kirche vorbei, in der der Pastor gerade vor dem Altar einen Schellenkranz schwang, dazu laut sang und tanzte. Zurueck in Guayaqiul mussten wir einmal stark bremsen, da etwa 10 Jugenliche mitten auf der Strasse mit 2 Toren ein Fussballfeld errichtet hatten. Ein Bild, das man hier haeufiger sieht, da normale Sportplaetze einfach zu gefaehrlich sind, da man dort nicht schnell genug weglaufen kann, falls etwas passieren sollte.

Zuhause angekommen schlummerte ich dann nach ein bisschen Huehnchen und einer weiteren Dreifragezeichenfolge friedlich unter meinem Moskitonetz ein.

Liebe Leserinnen und Leser, vielleicht haben Sie sich beim Lesen dieser Geschichte manchmal etwas gewundert, mal verwundert den Kopf geschuettelt oder aber vielleicht glauben Sie mir manche Sachen auch einfach nicht – und das zu Recht! Denn vielleicht ist in dieser Geschichte ja auch nicht alles wahr und ich habe ein paar …Unwahrheiten einfliessen lassen.

Wenn Sie nun den noetigen Humor, den Ernst und den Mut besitzen sollten, dann moechte ich Sie bitten unten ein Kommentarfeld auszufuellen und dort all die Dinge aufzulisten, die Sie mir nicht glauben.

Ganz liebe Gruesse aus einem entfernten, exotischen Land

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