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5 Wochen

5 Wochen ohne Sicherheitsgurt, ohne warmes Wasser, ohne Schmuck, ohne (leckere) Schokolade.
5 Wochen mit vielen Mückenstichen und Sonnenbrand, unglaublich vielen neuen Gesichtern, Orten, Momenten des Staunens und des Kopfschüttelns, vielen neuen Gerüchen und Geschmäcken, angenommenen Herausforderungen und überwundenen Ängsten, und ganz viel Musik.

Und genauso plötzlich, wie es begonnen hat, ist es auch schon wieder vorbei. Ich glaube, das Lichtermeer vom Guayaquil beim Start ist mit das Schönste, was ich je aus einem Flugzeug gesehen habe. Nichts zu sehen von Armut und allem, was dort im Argen liegt.
Das Land und seine Leute haben mich fasziniert und, obwohl ich nur 5 Wochen dort war, vielleicht auch ein kleines bisschen verändert. Lebensfreude, Gastfreundschaft, wunderschöne Landschaften. Ich habe einiges und doch nichts gesehen, bin viele Reisen ins Ungewisse angetreten und habe meine glaube ich größte Angst überwunden und bin Bungee gesprungen. Nicht, dass jetzt alle Eltern Angst bekommen, ihre Kinder nach Ecuador zu lassen, ich möchte nur sagen: Es weht ein Hauch von „alles ist möglich“ in diesem Land, in dem genauso viele Orte wunderschön wie gefährlich sind und man es mit Regeln und Pünktlichkeit nicht so genau nimmt.

Was Musiker ohne Grenzen angeht, nehme ich vor allem mit: es ist ein Projekt, dass genauso frei ist, wie es auch Verantwortung überträgt, persönlich, nicht so aufgeblasen, und in einigem sicherlich nicht so perfekt organisiert wie andere Freiwilligendienste. Aber genau das schätzt man. Die Freiwilligen sind stolz darauf, selbst Hand anlegen zu dürfen, kurz ins kalte Wasser geworfen worden zu sein und sich nicht unterkriegen haben zu lassen, ihre persönliche Note ins Projekt einbringen zu können. Und es wird Wert darauf gelegt, so viel wie möglich mit den Eccis Hand in Hand zusammenzuarbeiten. Unterstützung, kein Alleingang.
Unterm Strich: ein tolles Projekt mit noch viel Potenzial.
Und auch als Nichtmusikerin fällt sofort auf: Musik verbindet. Und wie. Was ich in vielen Interviews von Freiwilligen gehört habe, waren nicht nur leere Phrasen. Das merkt man spätestens, wenn das erste Mal spontan musiziert wird und man sich einfach mitreißen lässt.
Und während ich mich hier im Flugzeug über Ecuador bei Turbulenzen durchrütteln lasse, wünsche ich mir, ich hätte länger bleiben können. Die Torte wurde mir vorgesetzt, aber ich konnte immer nur kurz probieren. Ich möchte mehr. Denn der kurze Blick, den ich werfen durfte, war stets nur eine Momentaufnahme. In den Projekten herrscht kein Stillstand. So sind im Guasmo zum Beispiel gerade Freiwillige angekommen, um auszutesten, ob 2015 ein Musiktheaterprojekt möglich sein könnte.

In der letzten Zeit hier habe ich öfter an den Text aus einem Poetry Slam denken müssen. Erst vergessen, dann millionenfach geteilt, dann von einigen wieder heruntermacht. Die Slamerin Julia Engelmann bezieht sich auf das Lied „One Day“ und spricht darüber, dass wir unser Leben an uns vorbeiziehen lassen, anstatt es wirklich zu leben. „Lass mal werden, wer wir sein wollen“ ist ihre zentrale Aussage. Das ist auch ein bisschen das, was ich mit „alles ist möglich“ meinte. Einfach mal sein, wer man gern wäre, nach Ecuador fliegen, weil man möchte, das tun, was einem Spaß macht, statt sofort mit dem Studium zu beginnen oder die ganzen Semesterferien zu arbeiten, reisen, weil man Lust darauf hat, Verrücktes tun, weil man sich mitreisen lässt in diesem Land, auf diesem Kontinent.
„Lass uns Geschichten schreiben, die wir später gern erzählen“, sagt sie weiter. Das passiert bei MoG in Ecuador ohne, dass man sich anstrengen muss.
„Lass man werden, wer wir sein wollen“. Nichts, was nicht schon hunderte vorher gesagt hätten. Aber in diesem Slam auf eine sehr nette Weise ausgedrückt.
Natürlich geht das nicht immer und ein Leben lang. Aber die Hemmschwelle war hier niedriger und ich habe ein paar Mal in das Gefühl hineingeschnuppert und kann sagen: es fühlt sich verdammt gut an.

Während der meisten Zeit in Ecuador habe ich mich wohl und eigentlich immer, auch im Guasmo, sehr sicher gefühlt. Das besonders an all diejenigen, die, wie natürlich auch ich, vorher leichte Bedenken haben. Klar, Ecuador ist nicht Deutschland und die Lebensbedingungen hier sind komplett unterschiedlich. Aber ich habe gemerkt, dass „unbekannt“ nicht gleich „gefährlich“ bedeutet und auch Fremdes durch Anpassung vertraut wird. In jedem Land muss man sich an die Spielregeln halten, aber das war gar nicht so schwer.

Ich möchte an dieser Stelle auch gern allen Danke sagen, die das hier vielleicht lesen und meine 5 Wochen in Ecuador zu 5 schönen gemacht, mich herzlich aufgenommen und begleitet, inspiriert, zum Lachen und zum Nachdenken gebracht haben. Auch meiner Mutter, die mich ohne größere Widerstände hat gehen lassen, tapfer durchgehalten und meinen Aufenthalt nicht durch sorgenvolle Anrufe getrübt hat. 😉
Meinen Freunden zu Hause und allen anderen musikerohnegrenzen.de-Besuchern, die meinen Blog verfolgt und so dafür gesorgt haben, dass ich noch mehr Spaß am Schreiben hatte.
Und natürlich MoG selbst, die mir das Ganze möglich gemacht haben.

Ich kann jedem, der Interesse daran hat, sich in jeder erdenklichen Weise an diesem Projekt zu beteiligen, nur empfehlen, das zu tun. Und zwar so bald wie möglich. Es lohnt sich. Und an Geschichten zum Erzählen wird es dann auch nicht mehr mangeln.

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