Nun ist das erste halbe Jahr um. Und? Was bedeutet das fuer mich?
Ich habe bisher etwa 182 Naechte unter einem Moskitonetz geschlafen, 255-mal kalt geduscht und ca. 21 Kilo Reis gegessen. Bis heute wurden insgesamt 5446 Fotos auf deutscher Seite gemacht (von denen ich weiss), ich habe 24 Tagebucheintraege, 6 Rundmails und 1 Tagebuch (voll-) geschrieben.
Desweiteren gab es: einen Ausnahmezustand, eine Kommunion, verschiedene Schulfeste, vier grosse Konzerte und diverse Bandauftritte, einmal Weihnachten und Silvester; an touristischen Highlights: Montañitas, Quito, Rio Bamba, Cuenca, Manta, Salinas, Galapagos, Cartagena, Tayrona und Cali.
Ich bin beim Tauchen auf Haie gestossen und bin mit Pinguinen und Seeloewen geschwommen und mittlerweile ist mein Spanisch immerhin schon so gut, dass ich selbst in dieser Sprache nuschel. Ausserdem begegnete ich einem Kekshaus, kochte fuer meine Gastfamilie und bekam auf diese Weise heraus, dass Ottonormalecuadorianer keine Zucchini mag. Einmal Juror in einem Schoenheitswettbewerb, fuenfmal war ich bisher bei Pepe – dem Maestro -, habe einen Weihnachtsbaum bestueckt und mich erfolgreich vor einer Volkszaehlung versteckt; habe Spaetzle gekocht, ein Konto eroeffnet und zweimal auf einer Beerdigung Bach gespielt.
So denke ich jeden Tag, dass ich doch eigentlich schon alles erlebt haette und (fast) taeglich ueberrascht mich das Leben aufs Neue. Das ist mein Alltag.
Ja, auch hier ist eine Art von Alltag eingekehrt. Ich habe mich an das Trinkwasser gewoehnt, an die laute Salsamusik, den bekloppten Hahn, die knallenden “Feuerwerkskoerper” in der Nacht und die frittierten Speisen zum Fruehstueck. Es ist selbst Alltag geworden, dass ca. alle zwei Wochen fuer eine unbestimmte Zeit der Strom ausfaellt oder dass ich auf der Strasse mit “Hello my friend”, “Mister” und “my people” angesprochen werde. Aber selbst auf diesem Sektor ist wieder etwas Ueberraschendes passiert:
Als ich neulich ueber den Markt ging, kam ein grosser Ecuadorianer auf mich zu:
– “Hello you my friend!”
– “ Buenos dias.”
(nun der Rest (wegen der besseren Verstaendlichkeit) in Deutsch: )
– “Wo kommst du her?”
– “Deutschland.”
– “Cool, meine Schwester wohnt auch in Amerika!”
– “(???)”
– “Und wohnst du in der Bronx?”
– “Aeh, nein.”
– “Ja cool, gib mir Fuenf!”
– “Ich muss jetzt leider weiter ….”
Solche Konversationen erheitern mich dann doch noch.
Und die Sicherheit?
Hier befinde ich mich immer noch im “Paradies der Naivitaet” und ich kann nur sagen: “Bitte lasst mich dort, ich fuehle mich hier wohl! Und ich will gar nicht alles wissen.”
Weitere Monate voller Zukunft liegen noch vor uns. Sie sollen kommen.
glg
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