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Rückblick

Gerade erst ist man auf der Ladefläche des alten Geländewagens vom Flughafen abgeholt worden, hat seinen ersten Teller Reis mit Linsen, Bohnen und Hühnchen in der Gastfamilie bekommen, die erste Nacht in einem Raum mit 3 anderen Personen und dem Familienhund verbracht, die ersten Unterrichtsstunden gegeben – da sitze ich auf einmal im Flugzeug nach Deutschland und die Projektphase der Musiker Ohne Grenzen in Guayaquil ist vorbei.

Das Gefühl, das man in diesem Moment bekommt, ist schwer zu beschreiben. In die Traurigkeit darüber, dass eine der bisher intensivsten Phasen meines Lebens nun doch so schnell zu Ende ging, mischt sich die Vorfreude auf ein wenig deutsche Normalität. Auf ein richtiges Bett, eine richtige Dusche, auf ein Essen mit Salat und ohne Reis, und vor allem auf ein wenig Ruhe. Denn erst, wenn man hier sitzt, merkt man, wie wuselig und laut und verrückt die vergangenen sieben Wochen im Guasmo wirklich waren.

Zu den Highlights dieser Zeit zählt mit Sicherheit die unglaubliche Gastfreundschaft der Familien, die teilweise sogar ein eigenes Zimmer für den deutschen Gast angebaut haben; die vielen völlig verrückten Situationen, wie z.B. der Besuch einer Freiwilligen im ecuadorianischen Gefängnis, in das ihr Gastpapa am Vorabend gebracht wurde, weil er keine Lizenz für sein motorisiertes Dreirad mit Ladefläche hatte; die vielen gemeinsamen Aktivitäten, z.B. wie die Exkursionen an den Pazifik und ein Naturparadies am Fuße der Anden; die Tanzabende, bei denen die salsaerprobten Eccies ihre zumindest teilweise eher unbeweglichen Gäste über den Tanzboden schoben, während diese konzentriert auf ihre Füße starrten; die typisch Ecuadorianische Ironie, die jede Auszeit vom Verrücktsein nach spätestens einer Minute mit Handfurz und einem lauten „Basuuura!“ beendete (ein Witz aus einer Fernsehsendung, Basura bedeutet Müll); die beste Freundin der Gasttante, die den Deutschen mit den blauen Augen und der hellen Haut gern näher kennengelernt hätte; die Gespräche mit den Familien, den Gastgeschwistern und den anderen Eccies in der Musikschule, die am Ende der sieben Wochen auf erstaunlich fließendem Spanisch möglich waren; der Tag in der Musikschule, an dem plötzlich die Tür eingetreten war und der Computer fehlte, zusammen mit einigen anderen Dingen; der andere Tag in der Musikschule, an dem der Schlüssel im Bandraum eingeschlossen war und alle Lehrer mit ihren Schülern Eis essen gehen mussten (ärgerlich, sowas); das Gewusel in der Musikschule generell, in der drei Schüler drei verschiedene Stücke auf drei verschiedenen Instrumenten im selben Raum probten.

Zu den Highlights der Projektphase zählen neben all diesen Erfahrungen aber vor allem die musikalischen Ergebnisse – abgefahren, was hier in der kurzen Zeit auf die Beine gestellt wurde! Dazu gehört unter anderem das Finale des Recordingprojektes mit der Musikschulband En Red. Wir räumen das gesamte Bandequipment auf das Musikschuldach um aus der letzten Bandprobe einen Musikvideodreh zu machen. Der Song „Claro“ läuft in Endlosschleife und beschallt den ganzen Stadtteil. Nach fünf Durchläufen mit verschiedenen Kameraeinstellungen haben wir fantastisches Bildmaterial gesammelt. Wenn das kein Grund zum Feiern ist! Der Abbau artet in eine große Party aus, Eccies und Deutsche tanzen auf dem Dach vor der untergehenden Sonne. Dazu wird der Guasmo mit Peter Fox beschallt. Laut können wir Deutschen nämlich auch!

Dazu gehören natürlich auch die beiden Abschlusskonzerte in einem deutschen und einem französischen Kulturzentrum in der Innenstadt Guayaquils, die traditionell die Projektphase beenden. An  beiden Abenden wird ein anderthalbstündiges Programm verschiedenster Stile geboten, das die musikalischen Fähigkeiten der Schüler und die gute Arbeit der Lehrer während der Projektphase einem großen Publikum präsentiert. Das Bläserensemble „Grupo de Vientos“ spielt u.a. die Filmmusik der Mission Impossible – Reihe im nicht ganz unkomplizierten 5/4-Takt. Das Ensemble der Gitarrenanfänger hat in nur fünf Wochen ein mehrstimmiges Stück eingeübt, und das, obwohl viele der zehn Mitglieder zuvor noch nie eine Gitarre in der Hand hatten. Die ganzen anderen Formationen, Ensembles, Duos, Trios, und natürlich die Musikschulbands En Red und J-Band, die Eigenkompositionen und bekannte lateinamerikanische Rhythmen spielen. Das Publikum tanzt, es gibt sogar eine Polonaise, sitzen ist in Ecuador einfach nicht drin, wenn Musik gemacht wird.

So bleibt am Ende nicht viel zu sagen, außer, dass ich allen Eccies und allen Deutschen für die großartige Zeit danke, für alle Erinnerungen und Fotos und Videos und alle verrückten Situationen.  Irgendwie ein gutes Gefühl, hier im Flugzeug, auf 10.000 Meter Höhe, irgendwo über dem Atlantik, in freudiger Erwartung des deutschen Alltags.

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